Qualität in kreativer Vielfalt

Von Wood-Mizer, Deutschland

Qualität in kreativer Vielfalt

Gleich hinter dem Firmenschild an der Einfahrt zum Betriebsgelände der Tischlerei Jan Narten, in der kleinen, gepflegten Gemeinde Stemmen im Landkreis Rotenburg an der Wümme, deutet ein eindrucksvoller, sauber geschichteter Stapel starker Eichenbohlen darauf hin: hier wird echtes Holz verarbeitet. Holz, das nicht als seelenlose Brettware aus einem der großen Sägewerke in Wismar oder Kösching stammt, sondern von hier, aus der Region und es wird hier, direkt vor Ort geschnitten. Jan Narten ist ein sympathischer, junger Mann von 37 Jahren. Mit einer blauen Mütze auf dem Kopf und einem freundlichen Lächeln im Gesicht kommt er mir bei meiner Ankunft entgegen und lädt mich ein, zu einem ausgiebigen Rundgang durch seinen aufgeräumten Betrieb. Die auffallend großen Stämme, die weiter hinten auf dem Betriebsgelände aufgetürmt liegen, verarbeitet Jan Narten in seinem Betrieb besonders gern. Allerdings ist es manchmal eine echte Herausforderung sie aus dem Wald oder einem unwegsamen Gelände zu bergen. Das erfordert Einfallsreichtum und Geschick. Mit beidem scheint er reichlich gesegnet.

 

Sauber aufgesetztes Holz zur LufttrocknungSauber aufgesetztes Holz zur Lufttrocknung
Sauber aufgesetztes Holz zur Lufttrocknung

 

Früh erkannte er, dass sich für die dicken Dinger kaum jemand interessierte. Zu aufwendig der Transport, zu mühsam die Weiterverarbeitung. Die Idee, Stämme mit einem Durchmesser von gut 140cm und einigen Tonnen an Gewicht zu verarbeiten birgt allerdings zwei große Vorteile: Sie sind verhältnismäßig günstig zu haben und sie ermöglichen außergewöhnliche Produkte mit hoher Wertschöpfung. Aber beginnen wir besser von vorne. Nach seiner Lehre wagte er mit gerade mal 20 Jahren den Sprung in die Selbstständigkeit und arbeitete als Subunternehmer in verschiedenen Firmen überwiegend im Einsatz für Montagearbeiten. Er lernte viel in dieser Zeit. Mit den Jahren aber führten der hohe Arbeitsdruck, die oft stressigen Tagesabläufe und das unregelmäßige schnelle Essen zwischendurch, zu Problemen, die sich zunehmend negativ bemerkbar machten, bis ihm eines Tages klar wurde: das muss ein Ende haben. So fand er den Weg zurück zum Tischler, zum Rohstoff Holz in seiner schönsten Form, zum Baum. Ein Schulfreund, mittlerweile Förster, sagte eines Tages: „Wenn ich mal ein Haus baue, sollst du mir eine Erlenküche bauen.“ Damals war´s nur eine Spinnerei beim Bier. Aber da es immer mal wieder ins Gespräch kam, fassten sie eines Tages den Entschluss: wir machen die Küche aus selbst geschnittener Erle. Da natürlich auch der Zuschnitt selbst erledigt werden sollte, musste ein geeignetes Sägewerk gefunden werden.

 

Die Eichenstämme mit fast 140 cm ⌀Die Eichenstämme mit fast 140 cm ⌀
Die Eichenstämme mit fast 140 cm ⌀ werden mit sehr geringem Vorschub gesägt.

 

Die Lösung dieses Problems fand sich in einem Videoclip auf YouTube in Form einer Wood-Mizer LT20. 2015 stellte er sich so eine Maschine in der elektrischen Version in eine Halle und begann mit wachsender Begeisterung Schnittholz für den Möbelbau in seinem Betrieb zu produzieren. 2020 schaffte er dann für die ganz großen Durchmesser zunächst eine Motorsäge mit entsprechend langem Schwert an. Mit dem stetig größer werdenden Holzlager musste auch das Firmengelände wachsen. Ebenso die Zahl der Mitarbeiter und der Maschinenpark. Ein robuster Seitenstapler bewegte jetzt die schweren Stämme. Das frisch geschnittene Holz trocknet zunächst an der Luft, wird später in vier große, tief liegende LKW-Anhänger gestapelt, die dann zu gegebener Zeit für die Endtrocknung an eine Biogasanlage angeschlossen werden. Narten baut in seinem Betrieb vom Fernsehtisch über den Wohnzimmerschrank bis zur maßgeschneiderten Küche jedes Möbelstück, dass von seinen Kunden gewünscht wird. Und sie werden voll in die Planung mit einbezogen. Jedes Detail wird besprochen. Sie bestimmen nicht nur das Modell, sondern gern auch die Bohle, aus der der Schrank, der Tisch oder das Bett gefertigt werden sollen. Sogar der Baum aus heimischem Garten kann mitgebracht werden. Die Begeisterung für seine Arbeit ist ansteckend und entsprechend entwickelt sich das Verhältnis zwischen Kunden, Tischler und Produkt. Wurden die großflächigen, starken Tischplatten mit ihren natürlich verlaufenden Kanten bis vor gut einem Jahr immer noch aufwändig mit der Kettensäge aus den mächtigen Stämmen geschnitten und nach dem Trocknen in bis zu 26 Stunden und mehrtägigem Arbeitseinsatz mit einem Parkettschleifer streichelweich geschliffen, übernehmen diese Arbeiten seit 2021 die Wood-Mizer LX250, die jetzt die dicken Brocken von bis zu 140cm Durchmesser aufschneidet, und die Schwester MB200 SlabMizer, eine Flächenfräse, die ebenfalls die Breite von bis zu 140cm bearbeiten kann. Jetzt legt der alte Seitenstapler die tonnenschweren Stämme auf das niedrige Sägebett der LX250, die der Säger dann ohne großen körperlichen Einsatz, quasi mit vier Fingern (für Joystick und Potentiometer) in saubere Bohlen aufgesägt. Der Einsatz des SlabMizers veredelt dann die Oberfläche in einem Arbeitsgang. Eine deutliche Verbesserung der Produktivität des Betriebes.

 

SlabMizerSlabMizer
Mit dem SlabMizer kann auch Holz in Harz bearbeitet werden.

 

Der letzte Schliff nimmt dann nur noch eine kurze Zeit in Anspruch. Jan Narten kennt die Herkunft jedes Stammes auf dem Betriebsgelände. Den daraus gefertigten Möbeln werden, wenn der Kunde es wünscht, die entsprechenden Koordinaten mittels eines Lasers eingebrannt. So kann der Kunde mit dem Smartphone in der Hand den Ort besuchen, an dem einst sein Bett, der Tisch oder die Küche noch ein Baum war. Für seine Kunden ein sehr reizvolles Extra. Ein weiterer wichtiger Rohstoff für seine Möbelproduktion ist Altholz aus dem Abbruch von Fachwerkhäusern, uralten Holzbrücken und anderen Quellen. Auch da bewährt sich die Anschaffung der LT20, die mit ihren preisgünstigen, schmalen Sägebändern nur eine schlanke Schnittfuge schneidet. In seinem Umgang mit dem wertvollen Altholz, ist Narten vergleichbar mit einem guten Koch. Es gibt quasi keine Reste, die entsorgt werden müssten. Fast alle Abschnitte und Reste werden verwertet. Sie finden sich im auffallend anders gestalteten Rahmen eines rustikalen Spiegels oder als letztes Puzzlestück in einem Gefüge alter Hölzer, dass dann mit Epoxidharz zu einer Tischplatte fixiert wird. Eine aufwändige Arbeit, die keine Fehler verzeiht und nur in perfekter Ausführung Preise im hohen vierstelligen Bereich erzielt. Dabei achtet er akribisch darauf, dass die eingegossenen Hölzer nicht gänzlich im Harz ertrinken, sondern in ihrer Struktur fühlbar bleiben. Ein ganz besonderer Effekt, der sich im Streicheltest angenehm bemerkbar macht. Ein Tisch ist für Narten nicht nur ein Tisch, sondern ein Möbel, das Menschen zusammenführt - zum Essen, zum Spielen, Zeit miteinander zu verbringen. 

 

Tische im AusstellungsraumTische im Ausstellungsraum
Teil des Ausstellungsraumes. Hier ist frisches mit altem Holz gemischt, Gebrauchsmöbel neben Kunst.

 

Diese Philosophie durchzieht sein ganzes Schaffen. Und dieser Funke springt über. Bei ihm stehen Ästhetik und Qualität im Mittelpunkt des Kundengesprächs, nicht der Preis. Wer sich zuerst dafür interessiert, den verweist er auch schon mal an die Möbelindustrie. Der Erfolg gibt ihm recht. Seine Schlafzimmer sind Wohlfühloasen aus Eiche, Erle und Zirbe. Bis hinein in die Einlegrahmen sind seine Betten gänzlich frei von Metallen. Keine Schrauben, keine Schienen, keine Klemmen. 

 

BettBett
Der Kunde kann das Holz fürs Wunschprojekt selbst auswählen.

 

Die Ausstellungsräume der Firma befinden sich auf dem Gelände des ungenutzten Resthofes und teilweise sogar in Nartens Wohnhaus. Fühlte sich das früher noch als Mangel an, hat es sich heute als Qualitätsmerkmal herausgestellt, denn so kommt es manchmal auch nach Feierabend noch zu einem Beratungsgespräch in seinen privaten Räumen. Diese Transparenz, seine kreative Vielseitigkeit und die Liebe zu seiner Arbeit schaffen das Vertrauen, das die Tischlerei Jan Narten von vielen anderen Betrieben unterscheidet. Und damit erklärt sich auch sein Firmenlogo: „more than wood“.